Servus,
nachdem der Betatest-Bereich im Reel-Forum immer noch nicht zum posten offen ist und Reel Multimedia ja sowieso unabhängige Berichte wünscht, veröffentliche ich das ganze nun hier.
Erster Tag: (03.05.2005)
Heute habe ich in meinem Büro ein unbekanntes Paket entdeckt. Es muss wohl persönlich dort abgegeben worden sein, weil es gibt weder einen Adressaufkleber noch irgend eine Anschrift oder Frankierung. Das ging schnell, es hat nicht einmal eine Woche gedauert, bis das Gerät hier an kam.
Über die Verpackung kann ich nicht klagen, gut gepolstert liegt in dem Paket eine weiße Pappschachtel mit dem Bild einer Reelbox auf dem Hochglanz-Aufdruck -- sieht richtig edel aus, das kann man problemlos im Laden in die Regale stellen.
Der Anblick der echten Reelbox ist etwas ernüchternd. Keine Spur von Alu, die Frontblende ist aus silbrig lackiertem Plastik, das übrige Gehäuse ist ganz normales Stahlblech, das mit einer hellgrauen Pulverbeschichtung versehen ist. Unten drunter sind vier silberne Gerätefüße im Hifi-Design angebracht -- wiederum nur billiges Plastik, noch dazu ohne Gummi oder Filz auf der Unterseite, so rutscht die Reelbox auf jeder Unterlage hin und her. In der Werbung sah das alles sehr viel edler aus...
Auch Passgenauigkeit ist was anderes: Die Blende des DVD-Laufwerks hängt etwas schief in der Front und die Klappe, hinter der sich diverse Anschlüsse sowie ein Smartcard-Reader und zwei CI-Slots verbergen, hat überstehende Spritzränder und lässt sich nur mit Gefummel öffnen und wieder schließen.
Die Rückseite strotzt nur so vor Anschlüssen: Kaltgerätebuchse mit Schalter (Hm? Kein Euro-Anschluss ohne Schutzleiter, mit dem man sich die Masse- und Brummprobleme erspart?), ein Dutzend Cinch-Buchsen (Komponentensignale, Analog-Surround, el. S/P-DIF), optischer S/P-DIF, VGA-Buchse, zwei mal Scart, Ethernet, zwei mal USB und Firewire, und natürlich vier F-Buchsen für die DVB-Karten (zwei mal In, zwei mal Out).
Als erstes wird die Kiste aufgeschraubt -- schließlich lebt man als Tester gefährlich, nicht dass da ne Stange Dynamit drin liegt oder die Phase "versehentlich" auf das Gehäuse gelegt wurde... in meinem Job ist man einiges gewöhnt
Unter der Haube greift schnell die Ernüchterung um sich: Wie bei der Metabox von Itv-Media ist das Netzteil völlig ungekapselt. Deshalb muss man unbedingt den Netzstecker ziehen, bevor man das Gerät auf macht -- Ausschalten allein reicht nicht: Der in der Kaltgerätebuchse integrierte Schalter trennt nur eine der zwei Stromleitungen, mit ein bischen Glück ist das der Nullleiter -- dann liegt auch im ausgeschalteten Zustand die Phase am Trafo an. Weil die Kiste zudem einen Schutzleiter hat, liegt das Gehäuse aber die ganze Zeit auf Null-Potential. Mit ein wenig Ungeschick fasst man das stromführende Teil und das Gehäuse gleichzeitig an und kann seine Qualitäten als biologischer Leiter (nein, nicht Manager) beweisen.
Das Mainboard nimmt gut 3/4 der Grundfläche der Box ein und hat weder einen Lüfter noch einen Kühlkörper -- Reel hat es wirklich verstanden, ein lüfterloses Gerät zu bauen, klasse! Die beiden DVB-Karten, eigentlich sind es nur noch die Tuner, stecken in einem Spezial-Bus, der zu nichts kompatibel zu sein scheint. Die DVB-Karten lassen sich also nicht mal eben in einem normalen PC benutzen.
Das DVD-ROM (ihr habt richtig gelesen, für 700 Euro kriegt man nicht mal nen Brenner) hängt als einziges Gerät am ersten IDE-Controller, der zweite ist unbestückt. Nanu, keine Festplatte? Die werden doch nicht.... <klick klick klick> ... doch, tatsächlich, zum Lieferumfang gehört wirklich keine Festplatte. Die ist "optional". Na super, da nennt sich die Kiste "PVR", kann aber nicht mehr als ne D-Box für 50 Euro bei Ebay. Immerhin weiß ich jetzt, was ich mit dem 40pol. IDE-Kabel und den Schrauben anfangen soll, die mir aus der Verpackung entgegen gefallen sind.
Apropos Festplatte: Die soll laut Reel über Kopf eingebaut werden. Damit ist ein frühes Ableben der Platte vorprogrammiert, also werde ich versuchen, die Festplatte ganz normal auf dem herausnehmbaren Träger anzubringen. Mal sehen, ob das klappt.
Die Box bootet von einem Disk-on-Chip (DoC), der im Ethernet-EPROM-Sockel des Mainboards steckt. Wie groß der DoC ist, weiß ich noch nicht, schätze ihn aber auf mindestens 32 MB bis wahrscheinlich 64 MB. Für Firmware-Updates ist jedoch das DVD-Laufwerk als primäres Boot-Gerät und das DoC als sekundäres eingetragen, das bekommt später noch einige Bedeutung...
Beim Zusammenbau fliegen dann gleich die ersten Brocken: Reel verwendet nicht etwa Schrauben mit metrischem Gewinde, sondern einfache Blechschrauben für die Befestigung. Die lassen sich aber nicht unbedingt gerade hinein schrauben. Auf der Rückseite hat Reel hinter den Bohrlöchern ein Metallröhrchen mit Innengewinde aufgeschweißt, damit die Blechschrauben wenigstens irgend wie greifen können. Das ganze war aber wohl nur angepunktet, jedenfalls drehte eine der sechs Schrauben durch und das Metallstück rollte im Gehäuse herum.
Der Erststart
Noch am Abend nahm ich die Box das erste mal in Betrieb.
Nach dem Einschalten stellte ich fest, dass das Display nicht etwa blau hinterleuchtet ist, wie man auf fast allen Abbildungen auf der Homepage sieht, sondern weiß. Nun gut, nicht wirklich tragisch. Unmittelbar nach dem Einschalten zeigt die Reelbox ein Logo auf dem grafikfähigen Display, das nach einige Sekunden gegen "ReelBox PVR 1100 -- Please Wait" ersetzt wird. Dumm nur, dass man das vor lauter Streifen und Störpixeln kaum lesen kann...
Etwa 45 Sekunden später tut sich das erste auf dem Fernseher: Das Bild wird weiß und die Bitte, doch noch ein wenig zu warten, erscheint. Nach rund 1:15 Minuten startet dann VDR.
Auffallend ist, dass erst das OSD (genauer gesagt die Kanal-Info), dann der Ton und dann das Bild erscheinen. Das scheint immer so zu sein, das Bild gibt's erst als letztes. Auf der Reelbox läuft VDR 1.3.21 mit einer Hand voll Plugins: Graph-LCD, Channelscan, Timeline, EPG-Search, Rotor, Femon, Screenshot, DVD und ein ominöses Reelbox-Plugin. Das ganze ist mit einem "Reel VDR"-Skin gewürzt, das übrigens ohne Text2Skin aus kommt. Alles in allem wurde meine Box mit der Firmware 006 (man beachte die 3stellige Versionsnummer) ausgeliefert.
Die Reihenfolge im Hauptmenü hat Reel umgebogen. So ist das DVD-Plugin der letzte Eintrag im Hauptmenü, ein Befehle-Menü gibt es nicht und die Einstellungen sind vor dem DVD-Menü gelistet. Allerdings vergaß Reel offenbar den enAIO-Patch: So sind nur die ersten 9 Menüpunkte durchnumeriert, Rotor und Femon haben schon keine Zahlen mehr vor ihren Einträgen. Ob ein unbedarfter Benutzer die Einträge für "Setup" und "DVD" auf der nächsten Seite (einmal blättern) findet, insbesondere ohne jedes Handbuch und ohne jede Doku (die war für den 27.04. versprochen, ist jetzt aber auf die nächste Stable release verschoben), wage ich zu bezweifeln.
Ein Blick in die Kanalliste zeigt, dass Reel sowohl Astra als auch Hotbird abgescannt und angefangen hat, die über 1200 Kanäle vernünftig zu sortieren. Beim Durchscrollen wurde ich dann gleich hellhörig: Hat der Ton da nicht gerade einen Aussetzer gehabt? Und das Bild ein paar Artefakte?
In der Tat, wenn man durch Menüs scrollt, kriegt die Reelbox die Synchronisation zwischen Ton und Bild schon nicht mehr hin. Besonders "toll" wird es, wenn man die Taste "Rechts" etwas länger gedrückt hält, um mal eben so 100-200 Kanäle weiter zu scrollen. Dann friert das OSD ein, das Bild läuft mit Artefakten und Tonstörungen weiter, und nur das Display wird noch aktualisiert. Das LCD ist also schneller als das OSD. Je nach dem, wie lange man den Spaß treibt, dauert es bis zu 30 Sekunden, bis sich auf dem OSD wieder etwas rührt. Dabei sei erwähnt, das die Reelbox immer etwa eine Sekunde braucht, bis sie auf einen registrierten Tastendruck (blaue LED) überhaupt reagiert. Also ziemlich träge das ganze.
OK, wenn wir schon besser nicht durch das Kanäle-Menü scrollen um direkt den nächsten Sender anzuspringen, dann zappen wir doch einfach bis dahin. Oder auch nicht....
Das Umschalten dauert 3-5 Sekunden, wohlgemerkt ohne laufende Aufnahme. Wie gehabt kommt erst das OSD, dann der Ton, dann das Bild, alles mit großzügig bemessenem Abstand. Wenn man zappt, also sagen wir drei mal kurz hintereinander (OK, mit Sekundenabstand, damit die Box das auch kappiert) die Channel+-Taste drückt, sieht man beim nächsten Kanal noch das Status-Feld im OSD mit den EPG-Daten, im übernächsten wird das so halb überlagert und die Anzeige darauf ist total zerfasert und mit einem "No Signal!" in weißer Schrift auf schwarzem Grund gewürzt. Dann dauert es einige Sekunden, bis sich die Kiste wieder berappelt und sowohl Bild als auch ein vernünftiges OSD präsentiert. Zum Zappen also völlig ungeeignet.
Der Brüller kam dann auf QVC, dem Shopping-Sender. Dort wurden diese Schlankmachgeräte vorgestellt, bei denen man mit den Beinen vor und zurück schwingt um ja die Gelenke und vor allem die Fettpolster vor Verschleiß zu schützen. Alles in allem ziemlich schnelle Bildfolgen -- jedenfalls auf meinem VDR, nicht jedoch auf der Reelbox. Ein flüssiges Bild gab es de facto nicht, ständig ruckelte die Wiedergabe. Ich muss mir bei Gelegenheit mal nen Action-Film auf der Kiste rein ziehen, das wird bestimmt lustig....
Mit anderen Worten, die Box schafft es nicht, den MPEG-Stream schnell genug an den MPEG-Decoder weiter zu reichen. Ob das wohl an der 300-MHz-CPU liegt, die im Design (AMD Geode alias National Geode alias Cyrix Media-GX von vor 8 Jahren!) noch einem Pentium 1 mit MMX entspricht?
Wie hoch die Systemlast ist oder was sonst auf der Kiste läuft, bekomme ich leider nicht heraus -- denn das Netzwerk geht nicht. Die orange LED leuchtet dauerhaft, egal ob kein Kabel dran hängt oder ein Switch oder ein PC, egal ob mit 100 MBit/s oder 10 MBit/s (ich hab extra eine NE-2000 in einen uralten PC mit ISA-Slot eingebaut!). Mausetot. Immerhin bin ich nicht der einzige, der dieses Problem hat, im Reel-Forum geistern da noch einige Kunden (Betatester?) herum, bei denen das Netzwerk nicht geht. Der Standard-Tipp ist, die Kiste an einen 10-MBit/s-Hub zu hängen -- das kann wohl nicht deren Ernst sein, ich soll dann die Videos mit nicht mal 1 MByte/s auf einen anderen PC schaufeln, um sie zu brennen? Weil einen Brenner oder eine sonstige Archivierungsmöglichkeit gibt es nicht. Übrigens steckt in der Kiste ein Realtek 8139C, also ein völlig ungebräuchlicher Netzwerk-Chip
Obwohl die Reelbox keine Festplatte mit bringt, zeigt VDR eine Aufnahmekapazität von 2 Minuten an. Die werden doch nicht auf den DoC schreiben.... nein, tun sie nicht, das ist wohl die Ramdisk, auf der dann die Aufnahmen landen.
Interessant wurde es, als ich die Pause-Taste ausprobierte. Erst kam der türkise Balken mit der Meldung "Live-Signal wird angehalten...", wurde dann aber unmittelbar vorn der gelb umrandeten Meldung "Platte fast voll!" zur Hälfte überschrieben. Dann fing das Bild fürchterlich zur Ruckeln an, fast wie in Zeitlupe, ohne jedoch zum Stillstand zu kommen. Die Fernbedienung reagierte während dessen fast nicht, ich musste die Tasten über 2 Sekunden gedrückt halten, bis die Box das mit bekam. So dauerte es eine Weile, bis ich die Aufnahme wieder abgeschaltet hatte.
Nun kam Leben in das Aufzeichnunsmenü. Naja, viel nicht, weil die Aufzeichnungen lassen sich weder umbenennen noch konvertieren -- es gibt weder vdrsync noch vdrconvert noch das Burn-Plugin. Archivieren lässt sich das ganze aber trotzdem: Über den zweiten Scart-Anschluss auf dem nächsten VHS Videorecorder... und ich dachte, wir sind im digitalen Zeitalter.
Am zweiten Tag habe ich mir die neue Unstable-Testing-Firmware 007test5 angesehen, to be continued...
Viele Grüße, Mirko